Konjunktur: Plötzliches Wachstum: Entkoppelt sich Deutschland von den USA?

Während Präsident Trump die US-Wirtschaft in Turbulenzen stürzt, fassen die deutschen Verbraucher wieder Vertrauen. Die deutsche Wirtschaft wächst im ersten Quartal gar.

Noch vor 100 Tagen wäre diese Meldung nahezu undenkbar gewesen: Die deutsche und europäische Wirtschaft wächst wieder. Zwar homöopathisch in Deutschland, um 0,2 Prozent im ersten Quartal – aber immerhin, und auch immerhin besser als in den USA, wo die Wirtschaft im ersten Quartal sogar um 0,3 Prozent schrumpfte. In der Eurozone hingegen fiel das Wachstum mit 0,4 Prozent sogar doppelt so hoch aus wie erwartet.

Noch besser scheint aber, dass es so weitergehen könnte. Jedenfalls deuten jüngste Daten zum Verbrauchervertrauen darauf hin. Demnach sind die Deutschen durch höhere Reallöhne wieder bereit, mehr zu konsumieren – was wiederum ganz anders ist als in den USA, wo das Verbrauchervertrauen zuletzt auf den zweittiefsten jemals gemessenen Wert gefallen ist. Es ist zwar noch früh, aber möglicherweise entkoppeln sich Deutschland und Europa gerade von den USA – und das wegen eines Mannes, der seit 100 Tagen im Amt ist: US-Präsident Donald Trump.

Trumps erratische Wirtschaftspolitik hat das Land im Eiltempo ins Chaos gestürzt und Europa gestärkt. Rein an den Aktienkursen bemessen, ist Trump inzwischen der zweitschlechteste Präsident seit Richard Nixon, dessen autoritäres Vorgehen Trump bewundert. 1973, unter Nixon, stand der Leitindex S&P 500 nach 100 Tagen im Amt rund 10 Prozent im Minus. Bei Trump sind es nunmehr 7,8 Prozent. Allerdings fielen die Börsen damals global, während die Märkte jetzt außerhalb der USA besser performen – und vor allem der Dollar hielt sich damals weitestgehend stabil. All diese Entwicklungen deuten darauf hin, dass die Krise vor allem auf Trumps Konto geht. 

US-Wirtschaft schrumpft

Als die US-Statistikbehörden am Mittwoch die BIP-Zahlen für das erste Quartal vorlegte, sahen sich wohl die meisten Experten bestätigt. Sie hatten seit Wochen ein Schrumpfen prognostiziert, das dann letztlich auch mit 0,3 Prozent eintraf – sogar schlimmer als befürchtet. Interessanterweise bedingen sich die US-Schwäche und das deutsche Wachstum dabei gegenseitig. Denn ein Grund, warum Deutschland gewachsen ist, lag in vorgezogenen Exporten in die USA. Einfach gesagt, wollten sich US-Firmen vor den angedrohten Zöllen noch einmal mit Waren eindecken. Das sorgt dafür, dass beim deutschen BIP die Außenhandelsbilanz wächst – das BIP steigt also –, während die USA ein größeres Außenhandelsdefizit im ersten Quartal ausweisen – sprich: Das BIP sinkt.

Dies ist allerdings ein Sondereffekt durch die Zölle, der sich im kommenden Quartal wieder normalisieren könnte. Die Konjunkturforscher vom Ifo-Institut wollen das deutsche Wirtschaftswachstum daher auch nicht überbewerten. „Die Exporte und die Industrieproduktion in Deutschland haben von der verschärften US-Zollpolitik im ersten Quartal profitiert“, erklärt Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Es sei aber keineswegs sicher, dass es so weiter gehe.

Nettoeffekt noch unklar

Wollmershäuser identifiziert zahlreiche gegenläufige Entwicklungen. Auf der einen Seite gebe es eine hohe Unsicherheit bei den Unternehmen, die insbesondere durch Trumps Zollpolitik und den Folgen für die globalen Lieferketten entstehe. „Das belastet den weiteren Verlauf der Konjunktur in Deutschland“, sagt Wollmershäuser. Auf der anderen Seite hat sich der Geschäftsklimaindex zuletzt viermal in Folge leicht verbessert. Zudem seien die Zahlen deutscher Unternehmen gut, das Verbrauchervertrauen sei wieder gestiegen, und die neue Bundesregierung könnte durch das angekündigte Schuldenpakete schnell Impulse geben. 

Welche Effekte letztlich überwiegen, bleibt abzuwarten. Konjunkturforscher schauen aber insbesondere auf das bessere Konsumklima in Deutschland, weil dies eine Art makroökonomische Spirale in Gang setzen könnte. Eine bessere Stimmung im Land dürfte auch heimische Unternehmen dazu bewegen, optimistischer in die Zukunft zu schauen – und hierzulande zu investieren. Anlass zur Hoffnung geben etwa der breite GfK-Konsumklimaindex und der tech-lastige NIQ Consumer Tech Trends Report. Beide zeigen, dass die Konsumenten der deutschen und europäischen Wirtschaft zurück auf den Wachstumspfad helfen könnten.

Die Strafzölle der US-Regierung beeinflussen zwar auch die Kaufentscheidungen deutscher Konsumenten. Fast jeder Zweite ist laut der NIQ-Umfrage besorgt, dass diese Einfluss auf die eigene finanzielle Situation haben könnte. Doch die Reaktion fällt womöglich anders aus als von Trump erwartet. Laut NIQ könnte kritischer konsumiert werden und ein neuer „Konsumpatriotismus“ entstehen. 

Statistiken bleiben vorerst verzerrt

Die Daten zeigen bereits eine wachsende Kaufzurückhaltung gegenüber Produkten aus den USA. „Insgesamt geben 72  Prozent der Deutschen an, künftig weniger US-Produkte und -Marken kaufen zu wollen – ein deutliches Signal, das sich besonders im Technikbereich zeigt“, heißt es im Bericht. Diese Zurückhaltung sei kein Zufall. „Preissteigerungen infolge von Zöllen, aber auch ein bewussterer Umgang mit Herkunft und Marke spielen eine immer größere Rolle“, heißt es weiter.

Das heißt: Auch wenn die BIP-Zahlen für das erste Quartal jetzt mit Vorsicht zu genießen sind, und die Statistiken durch die Vorzieheffekte noch einige Quartale verzerrt sein werden – der darunterliegende Trend könnte durchaus nachhaltig sein. Deutschland und Europa werden also womöglich von Trumps Chaos netto profitieren. Vorfreude scheint allerdings verfrüht – dafür ist die Unsicherheit bislang noch zu hoch. 

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